Landwirtschaft startet turbulent ins neue Jahr nach Ampel-Aus – viele Fragezeichen bleiben!?
Zahlreiche Gesetzesänderungen werden 2025 Landwirte treffen. Welche das sein werden: Hier sind die wichtigsten Neuerungen zusammengefasst. Außerdem: Wie geht es mit der Stoffstrombilanz weiter oder nicht?
Stoffstrombilanz vor dem Aus? Politische Gespräche könnten Wende bringen
Die Stoffstrombilanz, ein umstrittenes Element des deutschen Düngerechts, steht erneut zur Debatte – und könnte noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar abgeschafft werden. SPD und Union signalisieren Zustimmung, doch die Zeit für eine Einigung wird knapp.
Gespräche zwischen Bund und Ländern intensiviert
Hintergrund ist ein Sondierungsgespräch im Dezember, bei dem das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die Bereitschaft zeigte, die Stoffstrombilanz auszusetzen und durch eine einfachere Nährstoffbilanzverordnung zu ersetzen. Diese soll Erleichterungen für Betriebe in „Roten Gebieten“ enthalten, die nachweislich gewässerschonend wirtschaften. Weitere Gespräche sind für Januar angesetzt.
SPD drängt auf Abschaffung
SPD-Politiker Dirk Wiese, Sprecher für Landwirtschaft im Bundestag, fordert eine vollständige Abschaffung der Stoffstrombilanz und unterstützt die Initiative seines Parteikollegen Till Backhaus, Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern. Wiese sieht eine Chance, kurzfristig eine pragmatische Regelung zu schaffen, wenn der Vermittlungsausschuss aktiv wird.
Unterstützung aus der Union
Auch aus der Union kommt Rückendeckung. Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, bezeichnet die Stoffstrombilanz als überflüssig und fordert deren ersatzlose Streichung. Er betont die Notwendigkeit eines praxistauglichen Düngegesetzes ohne nationale Alleingänge.
Skepsis bei Landwirten
Während der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) die jüngsten Entwicklungen begrüßt, bleibt er skeptisch, ob vor der Wahl tatsächlich eine Einigung erzielt wird. Der Verband kritisiert die Stoffstrombilanz als „Bürokratiemonster“ ohne Nutzen und fordert eine schlankere, verursachergerechte Lösung. Zugleich appelliert der WLV an die Länder, bei der Durchsetzung bestehender Regeln Augenmaß zu wahren.
Verzögerungen durch politische Umstände
Die schwierige Lage resultiert aus einer gescheiterten Gesetzesnovelle im Sommer 2024 und der darauf folgenden Regierungskrise. Bundesagrarminister Cem Özdemir hatte zwar die Abschaffung der Stoffstrombilanz angekündigt, diese aber bislang nicht umgesetzt. Ein Fortschritt hängt nun von der Zusammenarbeit im Vermittlungsausschuss ab.
Neue Buchführungsgrenzen
Achtung ist geboten, denn die Gewinngrenze für die Buchführungspflicht wird von 60.000 auf 80.000 Euro angehoben, und die Umsatzgrenze steigt von 600.000 auf 800.000 Euro. Das Kriterium des Wirtschaftswerts entfällt. Landwirte können die neuen Regeln ab dem 1. Juli 2025 anwenden.
Aufbewahrungsfristen
Handels- und steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege, wie Rechnungen und Lohnlisten, verkürzen sich von zehn auf acht Jahre.
Absenkung der Vorsteuerpauschale
Viele wissen es schon: Die Vorsteuerpauschale sinkt 2025 auf 7,8 %, was die Pauschalierung weniger attraktiv macht. Ein Wechsel zur Regelbesteuerung könnte vorteilhaft sein.
Höfeordnung
Die Mindestabfindung für weichende Erben wird ab dem 1. Januar 2025 auf 60 % des Grundsteuerwerts A festgelegt, anstatt auf 1,5-fache des Einheitswerts. Dies soll die Weiterführung des Hofes erleichtern und eine faire Erbregelung ermöglichen.
Änderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
Kleinbetriebe mit bis zu 10 ha Fläche werden nicht mehr auf den „Guten Landwirtschaftlichen und Ökologischen Zustand“ (GLÖZ) kontrolliert. Neue Vorgaben zur sozialen Konditionalität und Anpassungen der GLÖZ-Regeln treten in Kraft.
GAP-Neuerungen
- Stilllegungspflicht: Die verpflichtende Stilllegung von 4 % der Ackerfläche entfällt ab 2025. Freiwillige Stilllegungen sind über ÖR 1a möglich.
- Kleinerzeuger: Betriebe mit bis zu 10 ha landwirtschaftlicher Fläche unterliegen ab 2025 keinen Kontrollen und Sanktionen bei der Konditionalität mehr.
- Vereinfachungen bei GLÖZ: Anpassungen bei Erosionsschutz (GLÖZ 5), Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) und Fruchtwechsel (GLÖZ 7). Mais-Mischkulturen zählen ab 2026 zur Hauptkultur Mais.
- Ökoregelungen: Mit ÖR 1a können Betriebe 8 % der Ackerfläche stilllegen (Prämie: 1.300–300 €/ha). Bei ÖR 2 gelten neue Regeln für Mischkulturen.
- Ohrmarkenverlust: Gekoppelte Prämien werden auch bei fehlenden Ohrmarken gezahlt, wenn Tiere identifizierbar sind.
- Mindesttätigkeit: Für nicht genutzte Flächen reicht alle zwei Jahre ein Nachweis, z. B. durch Mähen oder Mulchen außerhalb der Schutzzeiten.
Agrarzahlungen bei Witterungsextremen
Werden GLÖZ-Standards durch Überschwemmungen, Trockenheit oder Frost nicht eingehalten, soll die Agrarförderung trotzdem gewährleistet bleiben.
Erhöhung des Mindestlohns und der Minijob-Grenze
Der Mindestlohn steigt auf 12,82 Euro pro Stunde, und die Minijob-Grenze wird auf 556 Euro pro Monat angehoben.
Tarifglättung für Landwirte verlängert
Die Verlängerung der Tarifglättung bis 2028 hilft Landwirten, steuerliche Belastungen durch schwankende Einkünfte zu verringern.
Pflicht zur E-Rechnung
Ab 2025 müssen Landwirte in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Eine Übergangsfrist für die Pflicht zum Ausstellen von E-Rechnungen bis 2028 bleibt bestehen.
Neue Grundsteuer
Die Grundsteuer wird ab 2025 auf Basis neuer Regeln und Hebesätze der Gemeinde berechnet. Dies könnte zu höheren Kosten für Grundbesitzer führen.
Erhöhte Beiträge zur Berufsgenossenschaft
Ab 2025 steigen die Beiträge zur Berufsgenossenschaft für Landwirte um 20 %.
Änderungen bei der Krankenkasse für Landwirte
Die Beitragsbemessung wird ab 2025 auf das Standardeinkommen umgestellt, und die Kosten für selbstbeschaffte Betriebs- und Haushaltshilfen werden auf 21 Euro pro Stunde angehoben.
CO₂-Preis
Der Preis für ausgestoßenes Kohlendioxid steigt von 45 €/t auf 55 €/t, was Diesel und Benzin um ca. 3 Cent pro Liter verteuert.
Elektronische Patientenakte
Ab dem 15. Januar erhalten alle Krankenversicherten, auch bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK), automatisch eine elektronische Patientenakte. Sie enthält z. B. Impfpass, E-Rezept und Befunde, sofern nicht widersprochen wird.
Führerschein-Umtausch
Bis zum 19. Januar 2026 müssen Scheckkartenführerscheine mit Ausstellungsdatum 1999–2001 umgetauscht werden. Für ältere Papierführerscheine gilt weiterhin der Stichtag 19. Januar 2025.
Fazit
Viele dieser Änderungen sind den meisten schon bekannt. Trotzdem bergen sie sowohl Herausforderungen als auch Chancen für die Landwirtschaft. Landwirte sollten sich rechtzeitig darauf einstellen.