Hitze: Kühe fressen weniger, stehen mehr & die Zellzahlen steigen
Kühe reagieren empfindlich auf Hitze. Der Stress, den die Hitze verursacht, führt dazu, dass die Kühe weniger fressen, in der Milch die Zellzahlen stark ansteigen und die Kühe vermehrt stehen.
Insgesamt sind durch Hitzestress zahlreiche gesundheitliche Beeinträchtigungen zu beobachten.
Bei anhaltend hohen Temperaturen bestehen verschiedene Möglichkeiten, wie Sie Ihren Kühen den Hitzestress erleichtern können, beispielsweise Fütterungsmaßnahmen, Ventilatoren oder Beregnung.
Hitzestress entsteht schon ab 24 °C
Wenn die Umgebungstemperatur 24 °C oder mehr beträgt und die Luftfeuchtigkeit auf mindestens 70 Prozent ansteigt, fangen Kühe bereits an zu leiden.
Der Hitzestress lässt sich leicht am Verhalten der Tiere erkennen: Sie stehen dann vermehrt in den Laufgängen oder anderen Bereichen mit viel Luftbewegung, wie beispielsweise offene Tore.
Liegende Kühe sind dann kaum noch anzutreffen.
Liegen die Tiere bei Hitzestress, ist ihre Atemfrequenz meistens stark erhöht – mit mehr als 80 Atemzügen in der Minute.
Die Tiere beginnen zu schwitzen, die Körpertemperatur steigt. Ist der Hitzestress sehr groß, machen sie einen langen Hals und hecheln mit offenem Maul.
Die Tiere sind nicht mehr so aktiv, nehmen mehr Wasser auf und fressen weniger.
Bei einer Stalltemperatur von 20 °C fressen Kühe durchschnittlich knapp 25 kg Futter pro Tier und Tag, die Milchmenge liegt bei bis zu 35,5 Litern pro Tier und Tag.
Steigt die Temperatur um 5 °C, sinkt die tägliche Futteraufnahme um mehr als ein Kilogramm und auch die Milchmenge pro Tier und Tag sinkt um etwa anderthalb Liter.
Die verminderte Futteraufnahme führt zu einer geringeren Milchleistung. Durch die verminderte Futteraufnahme nehmen die Tiere auch weniger Energie auf.
Das steigert bei frisch laktierenden Kühen das Ketose-Risiko.
Hitzestress hat Auswirkungen auf Brunstverhalten und Befruchtungsraten
Die hohen Außentemperaturen führen außerdem zu einer verringerten Speichelproduktion und verminderter Wiederkäuaktivität.
Dadurch sinkt im Pansen der pH-Wert, was eine Azidose auslösen kann. Geringere Milchfett- und Eiweißgehalte sind dann die Folge.
Durch Hitzestress steigen die Zellzahlen in der Milch an.
Überdies verändert sich das Brunstverhalten. Die Kühe sind während der Brunst nicht so aktiv wie bei niedrigeren Temperaturen, denn Bewegung erzeugt Wärme. Häufig sind dann die brünstigen Kühe nicht von den anderen zu unterscheiden.
Während einer Hitzeperiode ist die Fruchtbarkeit von Rindern reduziert, weil der pH-Wert zu niedrig und Harnstoff- sowie Cortisolgehalt zu hoch sind.
Das führt zu einer schlechten Qualität der Eizellen und zu verminderten Befruchtungsraten sowie erhöhten Resorptionsraten zu Beginn der Trächtigkeit. Außerdem treten vermehrt Zysten auf.
Wasserversorgung der Kühe hat Priorität
Kühe und auch die Kälber verlieren durch Schwitzen und Hecheln sehr viel Flüssigkeit. Dadurch steigt der Wasserbedarf stark an.
Grob lässt sich sagen, dass ein Grad Temperaturanstieg den Wasserbedarf um 1,4 kg erhöht.
Daher ist eine der wichtigsten Maßnahmen überhaupt, die Wasserversorgung für die Tiere sicherzustellen.
Während großer Hitze ist eine ausreichende Anzahl an Tränken enorm wichtig.
In jedem Stallabteil sollten mindestens zwei Tränken vorhanden sein. Sollte das eine Tränkebecken wegen Verschmutzung oder Defekt nicht mehr zu benutzen sein, können die Tiere auf das andere Becken ausweichen.
Pro 20 Tiere sollte eine Tränke plus die Ausweichtränke vorhanden sein. Eine Herde mit 80 Tieren braucht fünf Tränkestellen.
Diese Tränken sind täglich auf Funktionsfähigkeit, ausreichende Durchflussraten und Sauberkeit zu überprüfen.
Durch das Schwitzen sind Mineralstoff- und Elektrolytverluste sehr hoch. Das kann eine um zehn Prozent erhöhte Mineralfutter- und Viehsalzmenge wieder ausgleichen.
Auch zusätzliche Salzlecksteine schaffen Abhilfe: Laktierende Kühe sollten jederzeit Zugang zu Salzlecksteinen haben.
Risiko Nacherwärmung der Silagen
Während einer Hitzeperiode ist die Futterhygiene besonders wichtig. Denn die hohen Sommertemperaturen lassen das Nacherwärmungsrisiko der Silagen stark ansteigen.
Der Vorschub am Silo sollte pro Woche mindestens 2,5 m betragen. Damit lässt sich die Nacherwärmung vermeiden.
Auch auf dem Futtertisch ist es notwendig, die Nacherwärmung zu vermeiden. Kleinere Futtermengen, häufiges Anschieben sowie höhere Vorlagefrequenzen sind dafür geeignete Maßnahmen.
Dies regt zusätzlich die Futteraufnahme der Kühe an. Gegebenenfalls ist es notwendig, die Futterrationen mit Propionsäure, Kaliumsorbat oder einem anderen Handelsprodukt zu stabilisieren.
Verminderter Energieaufnahme entgegenwirken
Die verminderte Energieaufnahme lässt sich kompensieren, indem man die Energie der einzelnen Rationen erhöht.
Sehr gut dafür geeignet sind pansenstabile Futterfette. Sie erzeugen im Pansen keine zusätzliche Fermentationswärme.
Für frischlaktierende Kühe bietet sich der Einsatz von glucoplastischen Energieträgern, wie Glycerin oder Propylenglycol, an. Sie stellen Energie in schnell verfügbarer Form bereit und verringern das Risiko einer Ketose.
Wiederkäuer benötigen strukturwirksame Faserstoffe, damit keine Azidose entsteht. Allerdings ist der Abbau der Faserbestandteile mit einer höheren Wärmefreisetzung verbunden als beispielsweise der Abbau löslicher Kohlenhydrate. Im Sommer ist daher der Anteil strukturwirksamer Faserstoffe auf ein Minimum zu reduzieren.
Bei der Qualität der Faserstoffe ist auf die Verdaulichkeit zu achten. Trocken- oder Pressschnitzel liefern beispielsweise leicht verdauliche Fasern, die nur wenig Wärme bei der Verdauung freisetzen. Ein erhöhter Anteil an pansenstabiler Stärke, wie sie Körnermais liefert, reduziert ebenfalls die Wärmeproduktion im Pansen.
Selektives Fressen vermeiden
Häufig selektieren Kühe grobe Partikel in Mischrationen. Das ist zu vermeiden, damit die Nährstoff- und Energieaufnahme optimal ist. Die Selektion führt dazu, dass die Kühe unterschiedliches Futter aufnehmen und die Nährstoffaufnahme über den Tag sehr ungleich ist.
Diese Selektion lässt sich durch Wasserzugabe zu den Futterrationen vermeiden.
Bei den Rationen sollte der Trockenmassegehalt etwa 35 Prozent betragen. Die hohen Temperaturen und der Einsatz von Ventilatoren führen dazu, dass das Futter auf dem Futtertisch eher austrocknet.
Empfehlenswert ist, die Werte mithilfe von regelmäßigen Trockenmasseproben zu überprüfen.
Aktivität im Pansen steigern
Pansenpuffer und Lebendhefen erhöhen die Pansenfermentation. Mithilfe von Lebendhefen steigt die cellulolytische Aktivität und führt dazu, dass sich im Pansen ein höherer Anteil an laktatverwertenden Bakterien befindet. Das beugt einer Pansenazidose vor. Als Pansenpuffer eignen sich Natriumcarbonat sowie andere Mischungen.
Lebendhefen sind am wirkungsvollsten, wenn die Rationen einen hohen Stärke- und einen geringen Fasergehalt haben. Sie sind eine sinnvolle Ergänzung, wenn der Anteil an strukturwirksamen Faserstoffen stark reduziert ist.
Die Luftaustauschrate erhöhen
Eine hohe Luftaustauschrate hilft den Tieren ebenfalls. Dazu können offene Tore, Curtains, Ventilatoren oder eine Tube-Lüftung beitragen.
Die Luftgeschwindigkeit beim Tier darf an sehr heißen Tagen bis zu 5 m/sec betragen. Ab Temperaturen von 18 bis 20 °C sollten die Ventilatoren laufen.
Sprinkler, Duschen, Vernebler – Wasserkühlung für die Tiere
Wasserkühlungssysteme für die Tiere sind mit Bedacht einzusetzen. Zwar sind sie für die Tiere eine wunderbare Abkühlung. Doch eine falsche Anwendung führt zu einem Tropenklima im Stall oder schlimmstenfalls unterkühlen die Tiere und bekommen eine Lungenentzündung.
Der Einsatz von Wasserkühlung sollte erst bei Temperaturen von mindestens 24 °C zum Einsatz kommen.
Am weitesten verbreitet sind Intervallduschen und Sprühvernebler.
Damit die feuchte Luft ausreichend Zeit hat, zu verdunsten, und die Tiere nicht zu lange in der feuchten Zugluft stehen, empfehlen sich folgende Intervalle: Fünf Minuten Beregnung und zehn Minuten Pause.
Wichtig ist, dass weder die Liegeboxen noch das Futter durchfeuchtet werden.
Neue Idee aus den USA
Aus den USA kommt eine neue, sehr einfache Idee, um den Kühen den Hitzestress erträglicher zu machen.
Ein US-Farmer hat jüngst eine Kuhdusche entwickelt, die er in den Melkstand eingebaut hat. Wissenschaftler untersuchen dies jetzt.
Kühe reagieren bei zu großer Hitze mit einer erhöhten Atemfrequenz. 60-80 Atemzüge pro Minute oder mehr machen den Kühen trotz guter Lüftung und Querlüftung sehr zu schaffen.
Eine zusätzliche Kühlung hilft den Kühen.
Es ist bereits bekannt, dass das Befeuchten der Kühe mit wenig Druck und hohem Volumen die negativen Effekte der Hitze reduziert.
Diese Maßnahme verringert die Körpertemperatur, erhöht die Futteraufnahmen und sorgt für eine gute Milchleistung trotz Hitze.
Da sich die Kühe allerdings nicht immer unter die Düsen stellen, führt das Befeuchten der Tiere im Wartebereich oder am Futtertisch zu einer erheblichen Wasserverschwendung.
Damit die Tiere dennoch von der Kühlung profitieren, wurde sie am Melkstand installiert.
Der amerikanische Farmer nutzte dazu das Wasser aus der Wärmerückgewinnung. Er installierte über jedem Melkplatz einen herkömmlichen Duschkopf. Damit ist es möglich, jede Kuh individuell während des Melkens zu befeuchten. Pro Minute laufen auf diese Weise 11,5 l Wasser durch.
Die Dusche ist nur eingeschaltet, wenn die Kühe an das Melkzeug angeschlossen sind, um einen trockenen Euter sicherzustellen. Zudem erschrecken sich die Tiere nicht, wenn sie den Melkstand betreten.
Diese Kuhdusche führt zu einer schnellen Abkühlung der Kühe. Das war daran zu erkennen, dass die Atemfrequenz sofort sank – und zwar durchschnittlich um zehn Atemzüge pro Minute.
An sehr heißen Tagen war hier der Unterschied zwischen geduschten und ungeduschten Kühen sehr deutlich erkennbar.
Die Kühe nur während der Melkzeit zu kühlen, könnte aber dazu führen, dass der Hitzestress zwischen den Melkzeiten wieder zum Problem wird.
Die gemessenen Daten sagen etwas anderes: 99 Prozent der Kühe hatten vor der nächsten Melkzeit eine Körpertemperatur im Normalbereich.
Wichtig bei der Dusche im Melkstand ist die Einstellung des Brausekopfes. Das Wasser sollte nicht auf den Kopf, sondern besser auf Nacken und Rücken treffen.
Der Wassereinsatz ist bei dieser Methode sehr effizient. Der Sprinkler im Bereich des Futtertisches wird überflüssig. Dadurch erhöht sich die Luftfeuchtigkeit im Liegebereich nicht zusätzlich.