Holtmann Saaten

Aus für Biogasanlagen: Was jetzt?

Maisfeld und Biogasanlage

Gefahr für Biogasanlagen: Wärmenetze und ländliche Regionen in Bedrängnis

Ab 2025 droht vielen Biogasanlagen in Deutschland das Aus, wenn die Regierung nicht rasch handelt. Diese Anlagen, die auch Wärmenetze versorgen, könnten reihenweise stillgelegt werden, was dramatische Folgen für die Energieversorgung und den ländlichen Raum hätte. Laut einer Umfrage des Fachverbands Biogas könnte etwa jedes achte Wärmenetz betroffen sein, da viele Betreiber aufgrund des Endes der EEG-Vergütung aufgeben wollen. Die verbleibenden Betreiber finden kaum wirtschaftliche Anreize, da die Ausschreibungsvolumina der Bundesnetzagentur zu niedrig sind und nur wenige Anlagen Zuschläge erhalten.

Gasflamme

Herausforderungen und Ursachen

Mit dem Ende der EEG-Vergütungszeiträume erhalten Biogasanlagenbetreiber keine garantierten Einspeisevergütungen mehr, wodurch die wirtschaftliche Basis für viele entfällt. Die Ausschreibungen der Bundesnetzagentur bieten keine ausreichende Perspektive, da die Volumina stark überzeichnet sind. In der letzten Ausschreibungsrunde haben zwei von drei Biogasanlagen keinen Zuschlag erhalten, was das Problem verschärft. Besonders betroffen sind Anlagen, die auch Wärme für Nahwärmenetze liefern, was zu Versorgungsengpässen in vielen Haushalten führen könnte.

Heizkörper

Zu geringe Ausschreibungsvolumina und sinkende Stromproduktion

Die Bundesregierung hat im EEG 2023 Ausschreibungsvolumina festgelegt, die ab 2025 weiter sinken werden – von 500 MW im Jahr 2024 auf 400 MW und später auf 300 MW. Der Fachverband Biogas befürchtet, dass bis Ende der 2020er Jahre eine zweite Welle von Stilllegungen droht. Ohne Planungssicherheit können die Betreiber nicht in neue Technologien investieren, was die Stromproduktion aus Biogas weiter verringern wird. Dies könnte auch Auswirkungen auf die Strompreise haben, insbesondere wenn der CO2-Preis weiter steigt, was die Stromerzeugung aus fossilen Gaskraftwerken verteuern würde.

Biogasanlage

Notwendige Reformen und Forderungen

Um die Flexibilität und Kapazität der Biogasanlagen zu erhöhen, fordern die Bioenergieverbände eine deutliche Erhöhung des Ausschreibungsvolumens auf 1800 MW bis 2028 sowie eine Anhebung des Flexibilisierungszuschlags auf 120 €/kW. Zudem müssen Bürokratiehürden, etwa bei Zertifizierungen, abgebaut werden, um Investitionen in die Biogasbranche zu fördern. Langfristig könnten bei passenden Rahmenbedingungen bis zu 12 GW Leistung aus Biogasanlagen erreicht werden, was sowohl zur Stromerzeugung als auch zur Wärmenetzversorgung beitragen würde.

verlassener Bauernhof

Folgen für den ländlichen Raum

Ein Rückgang der Biogasanlagen hätte besonders negative Auswirkungen auf den ländlichen Raum. Biogasanlagen sind dort ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft und sichern Arbeitsplätze, etwa im Service und Bau. Ein „Anlagensterben“ könnte die wirtschaftliche Lage und das Vertrauen in die Politik weiter verschlechtern, da viele Menschen auf dem Land sich bereits jetzt abgehängt fühlen.

Pilz im Winter

Innovative Nutzungsmöglichkeiten für Landwirte: Mini-Biogasanlagen und Alternativen

Biogasanlagen sind meist als große Anlagen bekannt, doch es gibt auch Mini-Biogasanlagen, die speziell für kleinere Betriebe geeignet sind. Diese nutzen eine einstufige Güllevergärung und arbeiten mit einem kostengünstigen Rührkessel-Fermenter. Aktuell werden etwa 30 Prozent der Gülle in Deutschland in Biogasanlagen verarbeitet, doch für viele kleinere Viehbetriebe ist eine wirtschaftliche Biogasproduktion bisher nicht realisierbar.

Es gibt jedoch neue Entwicklungen von Unternehmen und Forschungsprojekten, die Lösungen für Kleinbetriebe und Nebenerwerbslandwirte anbieten. Mini-Biogasanlagen könnten eine vielversprechende Option sein, wobei Landwirte eine bestimmte Anzahl an Vieheinheiten benötigen, um diese effizient zu nutzen.

Anlage Energieversorgung

Biogasanlagen: Schlüssel zur sicheren und kostengünstigen Energieversorgung?

Eine neue Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zeigt, dass Biogasanlagen in Zeiten von Dunkelflauten, also Phasen mit wenig Wind und Sonne, wertvolle Reservekapazitäten bieten können. Der Ausbau dieser Anlagen könnte langfristig die Strompreise senken.

Die Bundesregierung plant, zukünftige Versorgungsengpässe durch Stromimporte zu bewältigen. Bei unzureichenden Importmengen sind jedoch zusätzliche Reservekraftwerke nötig. Experten schätzen ein potenzielles Defizit von 49 Gigawatt (GW). Biogasanlagen könnten dieses Defizit teilweise ausgleichen.

Die Kombination von Wasserstoff- und biogasbasierten Reservekraftwerken könnte die Auswirkungen von Dunkelflauten deutlich mildern und die Kosten senken. Bis 2030 könnten durch Nachrüstungen von Biogasanlagen und Blockheizkraftwerken bis zu 12 GW gesicherte Leistung bereitgestellt werden. Zusammen mit Wasserstoffkraftwerken wäre eine Gesamtkapazität von 25,9 GW möglich.

Die Stromgestehungskosten für wasserstoffbasierte Kraftwerke könnten bis 2030 zwischen 49 und 133 Cent pro kWh liegen, während biogasbasierte Anlagen mit 25 bis 44 Cent deutlich günstiger wären.

Der Fachverband Biogas betont, dass die bestehenden Biogasanlagen sofort einsatzbereit sind und eine Verdopplung der Leistung auf 12 GW bis 2030 ohne zusätzliche Ressourcen realisierbar wäre. Zudem kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein „umfassendes Biomassepaket“ an, das die Bedeutung von Biomasseanlagen im Strommarkt stärken soll.

Die Studie „Biogas im künftigen Energiesystem“ bietet umfassende Einblicke in das Potenzial und die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen für die Energieversorgung der Zukunft.

goldener Hammer

EuGH-Urteil: Umsatzsteuerpflicht für kostenlose Wärme aus Biogasanlagen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem bedeutenden Urteil zur Umsatzbesteuerung von Wärme aus Biogasanlagen entschieden. Laut dem Urteil vom 25. April 2024 (C-207/23) müssen Betreiber von Biogasanlagen, die Wärme unentgeltlich an Dritte abgeben, möglicherweise höhere Umsatzsteuern zahlen.

Der Rechtsstreit, der das Urteil hervorrief, entstand aus einem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (BFH), der Fragen zur Anwendung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie stellte. Im Kern ging es darum, ob die kostenlose Lieferung von Wärme als „unentgeltliche Zuwendung“ gilt und somit umsatzsteuerpflichtig ist.

Der Fall betraf ein Unternehmen, das Wärme aus seinem Blockheizkraftwerk kostenlos zur Trocknung von Holz und zur Beheizung von Spargelfeldern an zwei andere Firmen abgab. Nach einer Außenprüfung erhob das Finanzamt Umsatzsteuer auf diese unentgeltlichen Lieferungen, wobei es die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage heranzog, da kein vertraglich festgelegter Preis existierte.

Das EuGH-Urteil stellt klar, dass die kostenlose Abgabe von Wärme umsatzsteuerpflichtig ist. Zudem wird bei der Berechnung des Selbstkostenpreises nicht nur auf die unmittelbaren Herstellungskosten, sondern auch auf mittelbare Kosten wie den Finanzierungsaufwand abgestellt. Dies könnte zu einer höheren Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer führen, insbesondere in Fällen, in denen kein Marktpreis für die Wärmelieferung ermittelt werden kann.

Sorghum auf einem Feld

Alternative Biogas-Substrate: Wirtschaftliche Optionen neben Maissilage

Biogas-Anlagenbetreiber haben die Möglichkeit, mithilfe des Maissilage-Substrat-Austauschrechners von C.A.R.M.E.N. e.V. herauszufinden, welche wirtschaftlichen Alternativen zu Maissilage für ihre Biogasanlagen existieren. Obwohl Maissilage aufgrund seines hohen Hektarenergieertrags und der einfachen Handhabung das bevorzugte Biogassubstrat ist, gibt es mehrere Gründe, sich nach Alternativen umzusehen.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Limitierung der eingesetzten Maissilage durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Menge für neue Biogasanlagen und Anlagen in der Anschlussförderung begrenzt.

Der Rechner ermittelt für eine frei wählbare Menge und Preis von Maissilage die erforderliche Menge eines Austauschsubstrats sowie den maximalen Grenzpreis, der gezahlt werden kann, ohne die Kosten für Maissilage zu überschreiten.

Mögliche Alternativen umfassen:

– Rindermist

– Schweinegülle

– GPS-Getreide

– Strohpellets

– Kleegrassilage

– Getreidestroh

– Sorghumsilage

– Zuckerrübensilage

– Durchwachsene Silphie

– Grassilage

Für die Berechnung der Austauschmasse wurden Daten vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sowie der Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK) verwendet. Weitere Informationen zu den technischen und prozessbiologischen Auswirkungen des Substrataustauschs sind im LaRA-Leitfaden und im Substratanpassungsrechner der KTBL verfügbar.

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