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Carbon Farming – Das Geschäft mit dem Kohlenstoff

Pflanze mit Erde in Kinderhänden

Carbon Farming wird immer mehr nachgefragt. Denn es ist ein Mittel, um dem nachhaltig Klimawandel entgegenzuwirken. Was es genau ist, erfahren Sie hier in unserem Artikel.

Und, was dem oft gleichgestellt wird, ist die Speicherung von CO2 in Energiepflanzen. Was hat es damit auf sich und ist dies wirklich gelebter Klimaschutz? Mehr also hier dazu.

Was ist Carbon Farming?

Platt übersetzt heißt Carbon Farming „Kohlenstoff-Landwirtschaft“. Carbon Farming ist unter vielen Begrifflichkeiten bekannt: regenerative Landwirtschaft, Agrarökologie oder Biosequestierung.

Alle bedeuten dasselbe, nämlich die dauerhafte Bindung des organisch gebundenen Kohlenstoffs im Boden. Der Boden soll mit Kohlenstoff angereichert, regeneriert werden – Humusaufbau.

Wird Kohlenstoff, also C, nicht fixiert, so gelangt er in die Atmosphäre und verbindet sich mit Sauerstoff, O2, zu Kohlenstoffdioxid. Befindet sich zu viel CO2 in der Atmosphäre, so führt dies zur Beschleunigung des Klimawandels bzw. zur Klimaerwärmung. Er treibt den Klimawandel voran. Mit Carbon Farming soll man dies verhindern oder vermindern können.

Mit folgenden Maßnahmen soll Carbon Farming betrieben werden:

  • Bodenschonende Bearbeitung, damit Humus aufgebaut wird und wertvolle Wurzelmasse nicht durch Pflug etc. zerstört wird
  • Verbesserte Fruchtfolgen zur Bodenregeneration
  • Anbau von Pflanzensorten mit starker Durchwurzelung
  • Anbau von Untersaaten (Durchwurzelung und Wasserspeicherung)
  • Einlagerung von Kohlenstoff durch Kohle

Wie bindet man den Kohlenstoff im Boden?

Dazu benötigt man Pflanzen. CO2 wird von einer grünen Pflanze durch Photosynthese aus der Atmosphäre aufgenommen und in seine Bestandteile zersetzt. Dabei wird Sauerstoff an die Umgebung abgegeben und der Kohlenstoff verbleibt in der Pflanze.

Er ist durch den Aufbau von Blättern und Wurzeln an die Pflanze gebunden. Sobald die Pflanze stirbt, wird sie in ihre Einzelteile zerlegt. Durch Humusbildung wird Kohlenstoff im Boden gespeichert.

Gängige Methoden dazu sind:

    • Ein vielfältiger Anbau von Zwischenfrüchten, z.B. Leguminosen
    • Unterschiedliche Kulturen und Pflanzenarten
    • Geringe Bodenbearbeitung, beispielsweise mit Direktsaat
    • Synthetischen Dünger und Pflanzenschutz durch organischen ersetzen
    • Möglichst viele Ackerflächen beweiden lassen
    • Humusaufbau
Energiepflanze auf Humus in Hand

CO2-Bindung in der Pflanze als Maßnahme für den Klimaschutz?

Verschiedene Pflanzen binden unterschiedlich stark CO2 aus der Luft. Ein Hektar Mais bindet circa 14 t Kohlendioxid. Allerdings wird dieser Posten nicht in der Klimabilanz berücksichtigt, da ein großer Teil von dem gespeicherten Kohlendioxid auch wieder freigesetzt wird.

Denn aus der Pflanze werden Nahrungs- oder Futtermittel gewonnen und der dort gespeicherte Kohlenstoff, wird von den Konsumenten in Form von CO2 wieder ausgeatmet. Somit ist die vorherige Speicherung von CO2 durch die Pflanze wieder auf Null gesetzt.

Dieser Kreislauf von Speicherung und Konsum, also Freisetzung, geschieht zwar zeitversetzt, aber er geschieht. Deshalb wird dieser Anteil wie ein „durchlaufender Posten“ gesehen und trägt nicht zur positiven oder negativen Klimabilanz bei.

Was wirklich zählt ist die dauerhafte Speicherung von Bodenkohlenstoff in landwirtschaftlichen Böden in Form von Bodenhumus. Dieser Wert zählt in der Treibhausgasbilanz.

In Deutschland sind circa 2,5 Mrd. t an Kohlenstoffbindung bis in 1 m Tiefe im Boden gebunden. Der Erhalt oder Aufbau von Bodenhumus ist also eine große klimapolitische Aufgabe.

CO2-Klima-Fußabdruck

CO2- oder Humus-Zertifikate

Mit Carbon Farming allein kann man kein Geld verdienen. Hier spielt der Zertifikate-Handel (CO2- oder Humuszertifikate genannt) eine Rolle beim Carbon Farming. Dieser funktioniert wie folgt: Bauern registrieren bei einem Dienstleister bestimmte Ackerflächen. Bodenproben werden entnommen und auf Humus– oder Kohlenstoffgehalt untersucht. Diese Dienstleistung lassen sich diese Unternehmen bezahlen.

Dann wird dem Landwirt überlassen, mit welchen Methoden er die Kohlenstoffbindung erreichen möchte. Nach einer Saison werden an bestimmten GPS-Messpunkten die Daten neu erhoben (und bezahlt). Bei erfolgreicher Kohlenstoffspeicherung werden CO2-Zertifikate ausgegeben und vom Dienstleister verkauft. Die Bezahlung orientiert sich am CO2-Preis.

Andere Unternehmen, die ihre CO2-Emissionen in der Herstellung als Beitrag zum Klimaschutz nicht weiter reduzieren können, kompensieren durch den Erwerb dieser Zertifikate ihren CO2-Fingerabdruck und gelten dadurch als klimaneutral.

Hierfür werden CO₂-Zertifikate in der entsprechenden Menge gekauft und stillgelegt. Die Stilllegung bestätigt nachweislich, dass ihr Besitzer eine CO₂-Kompensation erbracht hat.

Der Handel mit den Emissionszertifikate soll Bauern einen Anreiz geben Carbon Farming zu betreiben und damit Geld zu verdienen.

Das Dienstleistungsunternehmen zieht und bewertet die Bodenproben bei den Landwirten. Diese Arbeit lässt er sich zum einen von Ihnen bezahlen und zum anderen bekommt er für jedes verkaufte Zertifikat vom Zertifikatskäufer eine Provision.

Vorteile des Carbon Farming

  • Mehr Kohlenstoff verbessert die Fruchtbarkeit landwirtschaftlich genutzten Böden und den Nährstoffgehalt im Boden
  • Die Bodenfruchtbarkeit kann dadurch gesteigert werden und sichert klimaneutral die Ernte
  • Pflanzengesundheit und Resistenz gegen Pilze und Insekten
  • Wenn mehr CO im Boden vorhanden ist, muss diese Menge nicht von den Weltmeeren aufgenommen werden, diese übersäuern weniger

Nachteile von Carbon Farming

Carbon Farming ist noch in der Findungsphase. Denn noch ist nicht ganz klar, ob mit der Speicherung von Kohlenstoff wirklich Klimaschutz betrieben wird.

Nicht alle Humuszertifikate, die mit dem Label Klimaschutz werben, tragen auch tatsächlich zum Klimaschutz bei. Manche erfüllen die allgemein anerkannten Qualitätskriterien nicht.

Demnach muss die CO2-Kompensation auf dem Acker zusätzlich, nachweisbar und dauerhaft sein. Außerdem darf sie nicht zu Verlagerungseffekten von Treibhausgasemissionen führen.

Humusaufbau dauert circa 10 bis 20 Jahre. Unter günstigen Bedingungen können Landwirte den Humusvorrat um durchschnittlich 0,5 % jährlich steigern. In Böden mit hohem Tongehalt und auch, wenn Böden lange mit organischer Substanz unterversorgt waren, kann Humusaufbau vergleichsweise zügig stattfinden.

Einige Landwirte kaufen für CO2-zertifizierte Flächen Kompost dazu. Damit lässt sich der Gehalt an Humus schnell steigern, aber dieser ausgebrachte Kompost fehlt dann an anderer Stelle:

Auf der CO2-zertifizierten Fläche steigen zwar die Humusvorräte, auf den Flächen, wo der Kompost entnommen wurde, sinken sie aber. Humusvorräte werden also nur verlagert.

Benachteiligt beim Verkauf von Humuszertifikaten sind auch Landwirte, die schon in der Vergangenheit in den Humusaufbau investiert haben. Weil sie den Humus bereits mehren, kann man nicht mehr von zusätzlichen Maßnahmen sprechen. Für sie ist es außerdem schwerer, den Humusgehalt weiter zu steigern als für Landwirte mit Flächen mit lange vernachlässigten Humusvorräten.

Neuer DIN-Standard für Carbon Farming: Einheitliche Bewertungsgrundlage für CO2-Zertifikate in der Landwirtschaft

Carbon Farming zielt darauf ab, landwirtschaftliche Böden als natürliche CO2-Speicher zu nutzen, um den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu senken und die Klimabilanz der Landwirtschaft zu verbessern. Bislang fehlten jedoch einheitliche Messmethoden zur Bewertung, wie effizient Böden Kohlenstoff speichern und wie sich die CO2-Emissionen durch landwirtschaftliche Praktiken verändern. Hier setzt der neue DIN SPEC 3609 Standard an, der ein standardisiertes Verfahren zur Quantifizierung und Bewertung des Kohlenstoffaufbaus und der Emissionsveränderungen entwickelt hat.

Die DIN SPEC 3609 bietet einen mehrstufigen Ansatz, der bestehende Methoden harmonisiert und eine einheitliche Datengrundlage schafft. Dadurch wird es möglich, die Wirkung von Carbon Farming auf die CO2-Speicherung genauer zu bewerten und vergleichbare Daten zu erheben. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung von CO2-Zertifikaten in der Landwirtschaft.

Der Standard ist freiwillig und wurde von einem Konsortium aus 17 Vertretern der deutschen Industrie, Verbänden sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und NGOs erarbeitet. Er könnte künftig eine Grundlage für die Zertifizierung von Carbon Farming im Rahmen des geplanten EU-Zertifizierungsrahmens, dem Carbon Removal Certification Framework (CRCF), bilden. Dieser Rechtsrahmen soll die dauerhafte und vorübergehende CO2-Bindung in Böden und Produkten regeln, ist jedoch noch nicht in Kraft getreten.

Der neue Standard schafft somit eine wichtige Basis für die Anerkennung von Carbon Farming als Teil der CO2-Reduktion und könnte den Weg für CO2-Zertifikate in der Landwirtschaft ebnen.

Entwicklung von Carbon Farming

  • Projekte: Die Farm Food Climate Challenge arbeitet an einem zukunftsfähigen Agrar– und Ernährungssektor mit Schwerpunkt gesündere Böden. Aktuell werden dazu über 100 Lösungen getestet.
  • Organisationen: Beispiele für Organisationen sind Carbocert, Carbon Farmed, Carbon Farms, Climate Farmers oder Carbonauten.
  • Politik: In Carbon Farming Roundtables wurde unter Wissenschaftlern, Politikern und Experten Carbon farming besprochen. Ein Rechtsrahmen soll mithilfe von „bottom–up“–Initiativen, also praktisch via learning by doing erstellt werden. Der Ansatz der Agrarbetriebe, die am erfolgreichsten sind, werden in den Rechtsrahmen aufgenommen. Bezüglich staatlicher Fördermittel wird auf das LIFE–Programm der EU verwiesen, in dem Carbon Farming allerdings bisher nur erwähnt wird, aber noch keine genauen Zahlen enthalten sind.

Pflanzenkohle im Ackerbau: Potenzial als Bodenverbesserer und Klimaretter?

Pflanzenkohle wird zunehmend als Lösung zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und CO2-Speicherung diskutiert. Ihre poröse Struktur bindet Wasser und Nährstoffe, doch die wissenschaftliche Forschung steckt noch in den Anfängen, besonders in Europa. Langfristige Effekte und Ertragssteigerungen sind bisher unklar.

Herstellung und Anwendung von Pflanzenkohle: Prozesse und Herausforderungen

Pflanzenkohle entsteht durch Pyrolyse organischer Biomasse. Unterschiedliche Ausgangsmaterialien und Herstellungsverfahren beeinflussen die Qualität und Wirkung der Kohle. Ihre Anwendung erfolgt oft in Kombination mit Düngemitteln, um die Bodenqualität zu verbessern, jedoch bleiben viele Effekte noch unerforscht.

Risiken und Qualitätssicherung: Pflanzenkohle richtig einsetzen

Unsachgemäß hergestellte Pflanzenkohle kann Schadstoffe enthalten, weshalb Standards wie das European Biochar Certificate (EBC) wichtig sind. Hochwertige Kohle kann zwar teuer sein, bietet jedoch Potenzial als Bodenverbesserer und Kohlenstoffspeicher, vorausgesetzt die Qualitätsanforderungen werden eingehalten.

Fazit für 2024

Unterschiedliche Begriffe können einen in die Irre führen oder zu Missverständnissen. So trägt die Kohlenstoffspeicherung in Ernteprodukten nicht zum Klimaschutz bzw. zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bei. Denn als Nahrungs- oder Futtermittel wird es durch Mensch oder Tier beim Konsum innerhalb eines Jahres wieder freigesetzt.

Relevant für den Klimaschutz sind aber die langfristige Kohlenstoffspeicherung im Humus und die Emissionsminderung wie beispielsweise durch durch den Ersatz von fossilen Energieträgern durch Bioenergie. So wurden beispielsweise 2018 durch Bioenergie aus landwirtschaftlichen Rohstoffen mehr als 20 Miio. t CO2-Emissionen vermieden.

Der Handel mit CO2-Zertifikaten kann eine Chance sein, ist aber noch wenig erforscht und bisher nur eine Art Pilotprojekt.

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