Der Boden ist das kostbarste, was wir Landwirte haben. Trotzdem wird es immer schwerer zu den bisherigen Bedingungen, dieselben Erträge zu erzielen und die notwendigen Maßnahmen hierfür zu ergreifen. Neue Düngevorschriften, immer weniger Zulassungen von chemischen Stoffen stehen den klimatischen Extremen und seinen Auswirkungen gegenüber. Der Landwirt von heute wird vom Problemlöser zum Ursachenforscher. Im folgenden Artikel möchten wir Zusammenhänge erklären und Chancen aufzeigen.
Internationaler Bodenreport
Der neue internationale Bodenreport wurde im Januar diesen Jahres veröffentlicht und erörtert, welche immense Bedeutung ein diverses und aktives Bodenleben für die Landwirtschaft, Ernährung und Natur hat. Der Report belegt, dass der Schutz des Bodenlebens eine gemeinsame Aufgabe von Naturschutz und Landwirtschaft sein muss. Deshalb wird es laut Bundesamt für Naturschutz entsprechende Fördermaßnahmen geben, die eine nachhaltigere Bodenbewirtschaftung möglich machen.
Artenvielfalt in den Böden
Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass eine Artenvielfalt im Boden nicht vonnöten sei. Man dachte, dass nur bestimmte Gruppen erhalten werden müssten, nicht einzelne Arten. Weit gefehlt. Sinkt die Vielfalt, so können biochemische Prozesse nicht mehr ausreichend ausgeführt werden.
Mit verändernden Temperaturen und Niederschlagsmengen, ist es von Vorteil eine große Artenvielfalt unter der Bodenoberfläche zu haben. Sie ist sozusagen wie ein Versicherungsschutz, da man bisher nicht weiß, welche Arten unter den neuen Bedingungen gedeihen und welche nicht. Je mehr Arten, umso besser.
Je vielfältiger die Gemeinschaft der Organismen unter der Erde, desto mehr wird dort belüftet, umgewandelt und zersetzt. Was im Boden lebt, entscheidet über den Ertrag oberhalb der Erdoberfläche.
Auf einem Quadratmeter gesunden Bodens leben mehrere Millionen Bodentiere wie Regenwürmer, Fadenwürmer, Milben, Asseln, Insektenlarven, etc. Das macht 15 t Lebendgewicht auf einen Hektar hochgerechnet aus. Dazu kommen noch mehrere Milliarden Mikroorganismen an Bakterien, Algen, Einzellern und Pilzen.
Dabei tragen Regenwürmer mit ihren Gängen und dem Kot zu einer guten Belüftung und einem ausgewogenen Ton-Humus-Komplex bei. Somit werden Wasser und Nährstoffe im Boden gehalten.
Auch Bodenpilze spielen bei einem nährstoffreichen Boden eine große Rolle. Denn diese Pilze unterstützen die Pflanze. Mykorrhiza Pilze werden von der Pflanze mit Kohlenhydraten versorgt und im Gegenzug stellt dieser ihr Wasser und Nährstoffe zu Verfügung. Manchmal senden diese Pilze auch Pflanzenhormone aus um den Wurzelwachstum zu unterstützen.
Humusaufbau – wie gelingt es?
Erträge steigen und fallen mit dem Auf- und Abbau von Humus, organische Bodensubstanz. Deshalb ist es wichtig zu wissen, was unter der Erdoberfläche vor sich geht.
Die meisten Landwirte wissen, dass auf dem Feld verbleibende Strohreste der Humusbilanz guttun. Neue Erkenntnisse belegen nun, dass man den Anbau von Zwischenfrüchten nicht unterschätzen sollte. Sie sollen maßgeblicher für den langfristigen Aufbau einer Humusschicht sein als Stroh.
Humus befindet sich als freiliegende Substanz im Boden und ist nur zu 8% dauerhaft in einem Ton-Humus-Komplex verbaut. Zur Zersetzung von Stroh müssen die Organismen 92% des darin gebundenen Kohlenstoffs veratmen. Enthält der Boden allerdings wenig Stickstoff, so entnehmen die Mikroorganismen den fehlenden Stickstoff aus dem vorhandenen Humus. Sie tragen in dem Fall zum Abbau und nicht zum Aufbau von Humus bei.
Ist zu wenig Stickstoff im Boden, so ist es ratsam Leguminosen anzubauen. Denn wichtiger als das Stroh sind Wurzelmassen für den Aufbau von Humus. 46% davon werden als Humus eingelagert. Da sie sich nach dem Absterben direkt an Tonteilchen anlagern, ist der Humus aus Wurzeln ein extrem wichtiger und langlebiger Baustein für einen gesunden Boden.
Besonders geeignet sind Öllein und Phacelia, da die Wurzeln zu über 60% mit Pilzen besetzt sind. Diese sind auch hier maßgeblich zum Aufbau von Humus. Sie haben im Vergleich zu Bakterien eine höhere Kohlenstoff-Nutzungseffizienz.
Hitze und Bodenbearbeitung schaden den Mikroorganismen und Pilzen gewaltig. Bei hoher Lufttemperatur und starker Sonneneinstrahlung heizen Ackerböden über 50 Grad auf. Das führt zum Absterben von Mikroorganismen und Huminsäuren. Letztere sind für den kapillaren Wasseraufstieg verantwortlich.
Dies ist aber nur möglich, wenn man den pH-Wert beachtet und Strukturschäden, wie beispielsweise durch Pflügen vermeidet. Eine Bodenbearbeitung schneidet die Pilzhyphen ab und somit ist ein deutlicher Rückgang von mikrobiologischer Aktivität zu beobachten.
In der Summe all dieser Wirkungen wirkt der Humus positiv auf den Ertrag. Zudem wird die Bearbeitbarkeit der Böden verbessert und die Erosionsgefahr gemindert.
Boden – seinen Zustand richtig deuten
Wie kann man, ohne großen Aufwand, selbst sein Boden richtig bewerten. Hier ein paar Tipps:
- Am Boden riechen: riecht er muffig, so kann es ein Hinweis auf Probleme im Bodenleben sein. Riecht er hingegen möhrenartig, so deutet es auf Actinomyceten, Strahlenpilze, hin, die Herbizide abbauen.
- Die Blattmasse von Leguminosen hat einen erbsenähnlichen Geschmack. Schmecken sie bitter, so könnte ein Schwefelmangel vorliegen.
- Erkennen Sie Mangelsymptome an der Pflanze trotz ausreichender Düngung, dann sollten Sie sich die Wurzeln anschauen: braune Verhornungen könnten auf pflanzenverfügbares Aluminium hin. Dies kann bei pH-Werten unter 5,9 vorkommen.
- Tropft man Wasserstoffperoxid auf die Erde, wäre eine deutliches Aufschäumen ein Zeichen für viel Bodenleben.
- Wirft man Bodenkrümel aus dem Oberboden ins Wasser, ist ein schnelles Zerfallen dieser ein Zeichen für geringe Aggregatstabilität. Hingegen sollten Krümel aus humusreichen Böden kaum ohne Veränderung das Eintauchen überstehen.
- Regenwürmer suchen, denn sie sind ein Indikator für viel Bodenleben. Den Schnelltest zur Regenwurmbesiedelung erklären wir hier.
Düngeverordnung
Die Düngeverordnung (DüV) verpflichtet die Landesregierungen in § 13 a DüV, in Gebieten mit einer hohen Stickstoffbelastung des Grundwassers (sogenannte „rote Gebiete“) oder einer Eutrophierung von Oberflächengewässern mit Phosphat (sogenannte „gelbe Gebiete“) per Landesverordnung auszuweisen und für diese Gebiete zusätzliche Auflagen bei der Landbewirtschaftung und Düngung zu erlassen. Bestimmte Betriebe in wenig belasteten Gebieten (sogenannte „grüne Gebiete“) können im Gegenzug Erleichterungen erhalten.
Fruchtfolgen – Glück oder Leid?
Fruchtfolgen zu erweitern ist in aller Munde, aber die Umsetzung ist oftmals nicht so einfach. Mit intensiver Bodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz lassen sich negative Effekte zum Teil lange hinauszögern. Aber durch Klimaveränderungen und die stetig fortschreitenden Resistenzentwicklungen nimmt die Bedeutung der Fruchtfolge zu.
Untersuchungen zeigen, dass in Bezug auf Schadinsekten nicht nur die Anbaudichte einer Fruchtart in einer Region zum stärkeren Auftreten führen kann. Auch eine höhere Anbauhäufigkeit auf derselben Fläche fördert es, auch wenn die Fruchtart nicht in Selbstfolge angebaut wird.
Neue Fruchtfolgen auszuprobieren stellt eine Unsicherheit dar, ein nicht einschätzbares Risiko hinsichtlich Vermarktung neuer Sorten oder Know-how. Doch irgendwann stellt sich die Frage, wann das Risiko des Nichthandelns größer wird als das des Handelns. Die Zahl dieser Betriebe nimmt zu.
Neben einer geringeren Verunkrautung und der Entzerrung von Arbeitsspitzen können höhere Rohproteinwerte in der Fruchtfolgekultur, verringerte Bodenbearbeitung oder verbesserte Bodengare zur Folge haben.
Allerdings bleibt abzuwarten, was verschärfte Düngeverordnungen und die Einschränkungen beim chemischen Pflanzenschutz zur Folge haben. Sie erschweren die Einschätzung zur Fruchtfolge.
Forschungsprojekte zum Bodenleben
Ab Januar 2021 starten zwei Projekte zur Erforschung des Bodenlebens, die durch das Bundesamt für Naturschutz gefördert werden:
In dem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „BioDivSoil“ der RWTH Aachen und des Forschungsinstitut gaiac werden Methoden zur Erfassung und Bewertung von Bodenflora und -fauna und deren Funktionen in Agrarökosystemen untersucht und Vorschläge zur gezielten Förderung von Bodenbiodiversität im integrativen Naturschutz in der Agrarlandschaft entwickelt.
Im Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „DUENAMED“ der Universität Bonn wird erforscht, wie Düngung so ausgerichtet werden kann, dass neben den Kulturpflanzen auch ein aktives und diverses Bodenleben optimal versorgt und gefördert werden.
Bodenerosion
Allein in Deutschland geht im Jahr durch Starkregen und Wind zehnmal mehr fruchtbarer Boden verloren als sich nachbilden kann. Brandenburg ist eine Region, die von Bodenerosion am stärksten betroffen ist.
Einige Landwirte versuchen mit Agroforstwirtschaft dem entgegenzuwirken. Sie pflanzen auf eigene Kosten Bäume im Abstand von circa 50 bis 70 Metern „Windbrecher“ auf ihr Feld. Der Wind soll dabei durch die Bäume an Fahrt verlieren und Wasser soll weniger verdunsten. Agroforst ist eine Kombination von Ackerbau und Forstwirtschaft.
Bürokratie macht es den Landwirten allerdings fast unmöglich, die Innovationen zu nutzen. Jeder Baumstreifen auf einem Feld muss extra angemeldet werden. Statt ein großes Feld, in dem ein paar Bäume stehen, muss der Landwirt eine Vielzahl an kleinen Stücken anmelden. Für alle Flächen, auf denen Bäume stehen, bekommt man kein Fördergeld mehr. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass die Baumflächen nicht zu alt werden, sonst gelten sie als „Wald“ und dürfen nicht mehr geerntet werden.
Fazit
Eine große Artenvielfalt im Boden sorgt für seinen Nährstoffreichtum und damit für gute Erträge. Ein vielseitiges, artenreiches Bodenleben kann auch vor den neuen, klimatischen Bedingungen schützen. Inwiefern das Bodenleben Einfluss nimmt, wird momentan erst erforscht.
Fruchtfolgen und Humusbildung begünstigen einen gesunden Boden. Allerdings ist hier weniger düngen und weniger pflügen das A und O. Der Boden sollte außerdem nicht unbepflanzt sein, damit Schatten immer zur Verfügung steht und Organismen nicht durch Hitze zerstört werden.