Herbstliche Nachsaat im Grünland: Strategien für nachhaltigen Erfolg 2024
Die Wetterlage im Jahr 2024 bot eine Vielzahl an feuchten Phasen, die das Graswachstum förderten, aber auch zu Herausforderungen führten, wie verspätete Ernten und Bodenbefahrbarkeit. Insbesondere die Monate März und April waren ungewöhnlich nass, was die Ernte des ersten Schnitts vielerorts verzögerte. Im Juni 2024 zeigte sich das Wetter mit erheblichen Temperaturschwankungen, häufigen Unwettern und Hochwasserereignissen. Der Juli setzte diesen Trend mit einer Mischung aus Starkregen, Gewittern und gelegentlichem Sonnenschein fort. Laut einer Erhebung des Wetterdienstes präsentierte sich das Wetter im zweiten Sommermonat insgesamt wechselhaft. Die durchschnittliche Temperatur im Juli lag bei 18,9 Grad und damit 2,0 Grad über der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990.
Der August begann ebenfalls wechselhaft, jedoch mit hochsommerlichen Temperaturen und reichlich Sonnenschein. Das amerikanische Wettermodell der NOAA prognostizierte zunächst für den letzten Hochsommermonat im Süden und Teilen der Mitte Deutschlands überdurchschnittlich hohe Temperaturen. Danach gab es ein Auf und Ab bei den Temperaturen. In der letzten Augustwoche erlebten wir erneut eine Hitzewelle mit bis zu 35 Grad, gefolgt von Gewittern und einem markanten Temperatursturz zum Monatsende.
Angesichts dieser Witterungsbedingungen stellt sich für viele Landwirte nun die Frage, ob eine Nachsaat im Herbst sinnvoll ist. Die vergangenen Jahre, geprägt von langanhaltenden Trocken- und Hitzeperioden, führten zu erheblichen Schäden im Grünland, darunter Ertragsausfälle und Lücken in der Grasnarbe. Diese Lücken bieten unerwünschten Kräutern wie Ampfer ideale Bedingungen zur Ausbreitung. Auch Schäden durch Feldmäuse, die von milden Wintern profitieren, haben vielerorts zugenommen. Daher ist es essenziell, Grünlandbestände genau zu überwachen, um einer weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken.
Fehlerhafte Bewirtschaftung?
Häufiger führen Mängel in der Bewirtschaftung zu einem schlechten Zustand der Narbe, den es dann zu verbessern gilt.
Zunächst sollten die Ursachen für den verbesserungsbedürftigen Zustand ermittelt und beseitigt – oder zumindest reduziert – werden. Ist der schlechte Zustand der Narbe nicht auf extreme Witterungsbedingungen, sondern auf die Bewirtschaftung zurückzuführen, würden sich die ungünstigen Verhältnisse bald erneut einstellen, wenn die bisherigen Praktiken beibehalten werden.
Ohne die Beseitigung der Ursachen für den aktuellen Zustand wird eine Nachsaat nicht von langfristigem Erfolg gekrönt sein. Je einseitiger die Bewirtschaftung der Fläche, desto sinnvoller ist es, die regelmäßige Nachsaat als festen Bestandteil in den Bewirtschaftungsplan aufzunehmen.
Optimale Bedingungen für Nachsaaten im Herbst
Die derzeitigen Boden- und Witterungsbedingungen bieten gute Voraussetzungen für Nachsaaten. Die nächtliche Taubildung und Tagestemperaturen unterstützen ab September den Keimprozess. Wichtig ist, den optimalen Zeitpunkt für die Saat vor dem herbstlichen Regen nicht zu verpassen. In Mittelgebirgslagen können Nachsaaten je nach Standort bis Mitte/Ende September erfolgen. Die nachgesäten Gräser sollten vor dem Winter das Dreiblatt-Stadium erreichen, um Auswinterungsschäden zu vermeiden.
In Getreide- und anderen Kulturen ist es üblich, die Bestände mehrmals zu kontrollieren, um beispielsweise Schädlings- und Krankheitsbefall richtig zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Im Grünland hingegen wird dies noch zu selten praktiziert.
Wer häufiger einen Blick auf seine Grasnarbe wirft, kann fundiertere Entscheidungen treffen, denn die Grasnarbe verändert sich im Laufe der Vegetationsperiode, abhängig vom Entwicklungsstadium der Pflanzen und weiteren Faktoren.
Während der Bestand etwa am Ende des Winters oder unmittelbar nach einem Schnitt eine Bodenbedeckung zeigt, werden die Ertragsanteile der Pflanzen zu späteren Zeiten und näher am Erntezeitpunkt deutlicher sichtbar. Dieselbe Pflanzenart kann je nach Beobachtungszeitpunkt unterschiedlich stark auftreten oder tatsächlich vorhanden sein, auch wenn sich ihr Anteil seit der letzten Einschätzung nicht verändert hat.
Jahreszeitliche Effekte können zudem bestimmte Arten begünstigen oder hemmen. Kurz gesagt: Beobachten Sie Ihre Grünlandnarbe daher häufiger und genauer. Es ist hilfreich, Flächenbegehungen gezielt einzuplanen und ausreichend Zeit für die Abschätzung der Artenzusammensetzung zu nehmen. Bei Unsicherheiten sollten Sie mehrfach hinsehen und fachlichen Rat einholen.
Langfristig wertvoll ist es, die beobachteten Narbenzustände und die Hauptbestandesbilder zu dokumentieren. Auch die Aufzeichnungen zu den betrieblichen Grünlandflächen sind ein nützliches Instrument und unterstützen die zukunftsorientierte Bewirtschaftung des Grünlands.
Berücksichtigen Sie bei der Beurteilung der Flächen die Wasserverfügbarkeit und die angestrebten Nutzungsziele. Auch der Futterbedarf, die Verwertungswege sowie die Häufigkeit und Zeitpunkte der Schnitte sind wichtige Faktoren, um die Erfolgsaussichten einer Nachsaat richtig einzuschätzen.
Entscheidungshilfe: Nachsaat, Übersaat oder Neuansaat?
Die Wahl der richtigen Maßnahme hängt stark von der Schädigung der Grasnarbe ab. Eine genaue Kontrolle der Bestände ist daher unverzichtbar. Ein wesentlicher Indikator ist der Lückenanteil bzw. der Unkrautbesatz einer Fläche:
- Lückenanteil < 20 %: Eine Übersaat ist ausreichend, um bestehende Lücken zu schließen. Empfohlen werden Saatstärken von 5–10 kg/ha.
- Lückenanteil > 20 %: Eine Nachsaat ist erforderlich, um den Bestand zu verbessern. Hierfür sind Saatstärken von 20–25 kg/ha notwendig.
- Lückenanteil deutlich > 50 %: Eine Neuansaat ist ratsam, insbesondere im Frühjahr, um das hohe Ansaatrisiko zu minimieren.
Bei verfilzten Narben spielt die Technik eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Nachsaat. Beispielsweise sollte die Gemeine Rispe vor der Nachsaat durch Striegeln entfernt werden. In lückigen Narben kann hingegen häufig ohne vorherige Bearbeitung gesät werden. Für Reparatursaaten eignen sich Scheiben- oder Schlitzdrillgeräte, die den Bodenkontakt der Saat sicherstellen.
Sortenwahl: Ein Schlüssel zum Erfolg
Die Wahl der richtigen Grassorten ist von großer Bedeutung für die Ertragsstabilität und Ausdauer des Bestands. Die Sortenempfehlungen der „Mittelgebirgs-Länder“ bieten eine wertvolle Orientierung, welche Mischungen für das Dauergrünland in Mittelgebirgslagen am besten geeignet sind. Besonders empfohlen wird eine Mischung, die aus verschiedenen Sorten des Deutschen Weidelgrases besteht und für lückige Narben und Übersaaten ideal ist. Alternativ kann eine Mischung mit einem Weißklee-Anteil verwendet werden, wenn beispielsweise ein Herbizideinsatz erforderlich war.
Unter besonderen Bedingungen können auch andere Gräserarten wie Wiesenschwingel oder Knaulgras sinnvoll sein, insbesondere bei großen Lücken oder trockenen Standorten. Allerdings sollten auch diese Arten spätestens im Spätsommer nachgesät werden, um das Ansaatrisiko zu minimieren.
Optimale Zeit für die Nachsaat
Der Spätsommer und Frühherbst bieten ideale Bedingungen für eine Nachsaat, da die Konkurrenz durch die bestehende Grasnarbe geringer ist als im Frühjahr. Direkt nach einem Schnitt kann in die kurze Narbe gesät werden, und zwar so früh, dass sich das nachgesäte Gras vor dem Winter ausreichend entwickeln kann.
Ein bewährter Zeitraum liegt zwischen Ende August und Anfang September, wobei regionale Unterschiede zu beachten sind. Je weiter die Saat in den September hinein verschoben wird, desto größer ist das Risiko, dass frühe Fröste den Erfolg gefährden. In lückigen Beständen sollte man daher zügig handeln, um unerwünschten Arten keine Konkurrenzchance zu bieten.
Unabhängig davon, ob Sie auf spezialisierte Nachsaattechnik fürs Grünland oder auf im Ackerbau bewährte Direktsaattechnik setzen, ist die korrekte Einstellung der Maschinen und ihrer Arbeitswerkzeuge entscheidend. Direkt nach der Saat sollte die Wiesenwalze zum Einsatz kommen, da der Druck der Walzen an der Drille meist nicht ausreicht. Wie immer beim Walzen ist dabei die Bodenfeuchtigkeit zu berücksichtigen.
Nach der Nachsaat ist es wichtig, die Nutzung der Fläche frühzeitig und regelmäßig zu planen. Die Bewirtschaftung sollte gezielt auf den Erfolg der Nachsaat ausgerichtet werden. Die Bedingungen für die nachgesäten Gräser können durch einen früheren Schnitt, auch wenn dies einen Ertragsverzicht bedeutet, oder durch eine erhöhte Schnitthäufigkeit im Nachsaatjahr verbessert werden. Obwohl der Herbst oft wenig Spielraum lässt, kann ein früher oder zusätzlicher Schnitt entscheidend sein.
In den letzten Jahren wurde im Herbst häufig ein starker Futterzuwachs beobachtet. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass die neu aufgelaufenen Gräser unter dem dichten Bestand der Altnarbe ersticken, was die Nachsaat wirkungslos macht – ähnlich wie bei einer klassischen Frühjahrsnachsaat. Daher kann ein früher Schnitt mit anschließendem Abräumen des Ernteguts erforderlich sein. Eine Beweidung kurz nach der Saat birgt das Risiko, dass die jungen Pflanzen beschädigt werden, was in der Vergangenheit oft zu Misserfolgen führte.
Selbst bei reiner Weidenutzung sollte die Nachsaat nicht vernachlässigt werden, auch wenn die Erfolgsaussichten niedriger sind. Für spätere Nachsaaten und generell für alle Grünlandflächen gilt: Die Bestände dürfen nicht mit zu hohem und zu dichtem Aufwuchs in den Winter gehen. Planen Sie daher die Schnittzeitpunkte rechtzeitig ein und handeln Sie frühzeitig, da sich die Befahrbarkeit der Flächen später im Herbst verschlechtern kann.
Fazit
Die Entscheidung für eine Nachsaat, Übersaat oder Neuansaat sollte stets auf einer genauen Analyse der Grasnarbe und den spezifischen Standortbedingungen basieren. Die aktuellen Boden- und Wetterverhältnisse bieten gute Voraussetzungen für erfolgreiche Nachsaaten im Herbst 2024, wobei die richtige Sortenwahl und Technik entscheidend für den langfristigen Erfolg sind. https://holtmann-saaten.de/shop/produkt-kategorie/gras-saatgut/
Interview zwischen Gerd Heuser und Ansgar Holtmann zum Thema Nachsaat
Ansgar Holtmann: Mit unserm Kollegen Gerd diskutiere ich heute über das Thema Grünlandpflege. Jetzt schon darüber nachzudenken, was an Nachsaat geplant werden muss. Hallo Gerd.
Gerd Heuser: Hallo Ansgar.
Ansgar Holtmann: Bei vielen Landwirten sah es ja so im Frühjahr aus, dass eigentlich gar nicht an eine Nachsaat gedacht werden konnte, weil es viel zu nass war. Deswegen war die die Pflege vom Grünland eigentlich gar nicht möglich. Und jetzt ist die Frage, was mache ich eigentlich jetzt, woran muss ich schon denken?
Gerd Heuser: Bedenken muss ich das auf jeden Fall. Wenn Narbenschäden aufgetreten sind durch die schlechte Befahrbarkeit, durch dieses nasse Winterhalbjahr, was wir hinter uns haben und eben auch die 2 Schnitte, die jetzt erfolgt sind, sind ja relativ spät erfolgt. Der Bestand lichtet sich einfach durch das lange Gras nach und nach aus und ich muss jetzt daran denken, wie kriege ich wieder einen vernünftigen Grünlandbestand hin.
Ansgar Holtmann: Was mache ich also? Muss ich auch noch mechanisch irgendwas tun und dann dabei einsäen oder wie gehe ich vor?
Gerd Heuser: Bei den aktuellen nassen Böden ist mechanisch irgendetwas zu machen sehr schwierig. Was ich machen kann, ist natürlich jetzt nach dem 2. oder 3. Schnitt tatsächlich schon wieder an Nachsaat zu denken und auch einzusäen, flach einzusäen und eventuell diese Nachsaatmischung auch mit Leguminosen zu ergänzen. Entweder mit Klee oder für Dauergrünland auch mit Luzerne. Dann habe ich ein paar Fahlwurzler mit drin, habe Stickstoffsammler mit drin und da kann ich einiges in der Grasnarbe mit erreichen, aber ich kann auch im Futterwert etwas erreichen.
Ansgar Holtmann: Muss ich eigentlich, wenn du von Urschäden oder Fahrschäden sprichst, würdest du auch noch mal Walzen empfehlen oder was muss ich tun, damit ich da im nächsten Jahr nicht irgendwie so eine hügelige Landschaft habe in meinem Grünland.
Gerd Heuser: Die ganze Grünlandpflege mit Schleppen, Walzen, Striegeln ist dieses Jahr sicherlich bei den meisten nicht erfolgt, weil es einfach zu nass war. Wenn dieses Wetter es zulässt, würde ich auf jeden Fall diese Pflegemaßnahmen nachholen wollen.
Ansgar Holtmann: Und einsäen dann mit einem Steuer? Oder wie würdest du vorgehen?
Gerd Heuser: Es gibt entweder die Möglichkeit mit dem Streuer, einem Schneckenkornstreuer oder ähnlichem mit anschließendem Striegeln und Anwalzen. Das ist alles super. Die Spezialmaschinen mit Fredo oder vergleichbaren Geräten geht auch, aber dafür muss es eben auch entsprechend trocken sein.
Ansgar Holtmann: OK, wunderbar, dann erstmal vielen Lieben dank Gerd.