Milchbranche im Streit: Artikel 148 GMO und seine Auswirkungen
Der Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) sorgt für hitzige Debatten in der Milchbranche. Die Regelung ermöglicht es EU-Mitgliedstaaten, Molkereien und Milcherzeuger zu verpflichten, vor der Milchablieferung verbindliche Vereinbarungen über Preise und Mengen zu treffen. Befürworter wie der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sehen darin eine Chance für mehr Planbarkeit und eine stärkere Marktstellung der Landwirte. Kritiker wie der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Milchindustrie-Verband (MIV) warnen jedoch vor Bürokratie, Eingriffen in genossenschaftliche Strukturen und möglichen Nachteilen für kleinere Betriebe.
Erfahrungen aus Frankreich, Italien und Spanien zeigen, dass ähnliche Regelungen oft mit erheblichem Aufwand verbunden sind, ohne die gewünschten Ergebnisse zu liefern. Ob die Umsetzung in Deutschland zu höheren Milchpreisen führt, bleibt ungewiss.
Artikel 148 GMO: Özdemir treibt Umsetzung zur Stärkung der Milcherzeuger voran
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) startet das Anhörungsverfahren zur nationalen Umsetzung von Artikel 148 GMO. Ziel ist es, die Position der Milcherzeuger durch verpflichtende Verträge mit Molkereien über Preise und Mengen zu stärken. Genossenschaften sind davon ausgenommen, wenn ihre Satzungen vergleichbare Regelungen enthalten.
Agrarminister Cem Özdemir betont die Bedeutung von Planungssicherheit für Landwirte, während Kritiker wie der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) auf hohe Kosten und mögliche Nachteile für die Erzeuger hinweisen. Trotz kontroverser Meinungen markiert der Vorstoß einen wichtigen Schritt zur besseren Marktstellung der Milcherzeuger. Eine Verteuerung von Milchprodukten für Verbraucher wird nicht erwartet.
Geplante Regelungen zur Stärkung der Milchbauern
Nach dem Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sollen Molkereien zukünftig verpflichtet werden, schriftliche Verträge mit Milchbauern abzuschließen. Diese Verträge sollen verbindliche Angaben zu Preis, Qualität, Menge und Lieferzeitpunkt enthalten.
- Ausnahmen für Genossenschaften: Genossenschaften wären von dieser Regelung ausgenommen, sofern ihre Satzungen oder Lieferordnungen vergleichbare Bestimmungen enthalten.
- Planbare Preise: Die Regelung soll Milchbauern mehr Planungssicherheit geben, indem sie vor der Lieferung Klarheit über den Preis erhalten.
- Keine Belastung für Verbraucher: Eine Verteuerung von Milchprodukten für Verbraucher ist laut BMEL nicht zu erwarten.
Özdemir: Sicherheit für Milchbauern
Özdemir begründet die Initiative mit der prekären Lage vieler Milchbauern, die aktuell oft erst nach der Lieferung erfahren, welchen Preis sie für ihre Milch erhalten. Er betont, dass die Umsetzung von Artikel 148 GMO Landwirten die nötige Planungssicherheit bieten würde. Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat eine solche Regelung ebenfalls in ihrem Bericht empfohlen.
Herausforderungen und politische Hürden
Obwohl Özdemir die Initiative vorantreibt, ist eine Mehrheit im Bundestag ungewiss. Die FDP und die Union haben sich gegen die verpflichtenden Vorgaben ausgesprochen, was die Chancen auf eine baldige Verabschiedung verringert. Ähnliche Projekte, wie das Bundeswaldgesetz, wurden kürzlich aus ähnlichen Gründen gestoppt.
Kontroverse unter Experten und Verbänden
Die Regelung spaltet die Meinungen in der Branche:
- Befürworter (BDM, AbL, LSV Deutschland): Sie sehen Vorteile für die Milchbauern, insbesondere eine stärkere Marktposition und mehr Stabilität bei Milchpreisen.
- Kritiker und Experten: Viele Milchmarktexperten, darunter Staatssekretärin Silvia Bender, zweifeln daran, dass verpflichtende Verträge automatisch höhere Milchpreise bringen. Es wird befürchtet, dass die Wirkung begrenzt bleibt.
Fazit
Die Einführung von Artikel 148 GMO ist ein umstrittenes, aber wichtiges Projekt, um die Stellung der Milchbauern am Markt zu stärken. Politische Widerstände und Uneinigkeit in der Branche werfen jedoch die Frage auf, ob und wann die Reform tatsächlich umgesetzt wird.