Frühzeitig Mais ernten?
Vielerorts kann man momentan Maisfelder beobachten, die dramatisch trocken sind. Die Bestände sind teilweise unwiderruflich geschädigt. So ist entweder mit vermindertem Kolbenanteil zu rechnen oder sogar mit kolbenlosen Erntebeständen.
Was ist jetzt zu tun? Sollte man frühzeitig ernten, oder nicht? Was muss man beim Silieren beachten und welchen Einfluss hat ein kolbenloser Bestand auf die Futterwerte? Und kann es zu Lücken in der Futterversorgung kommen?
Istzustand von Mais auf unseren Feldern
Eingerollte Blätter, Wuchsdepression oder Abwurf von Seitentrieben bis hin zu Totalausfällen – das sind die Folgen der anhaltenden Trockenheit und Hitze von 2022. Der jetzige Zustand erinnert stark an den von 2018.
Besorgniserregend ist, dass aufgrund der langanhaltenden Hitzewelle es sein kann, dass die männlichen Fahnen steril wurden und die Narbenfäden der weiblichen Blüte ausgetrocknet sind. Ein kolbenloser Bestand oder ein unvollständiger Kornansatz können die Folge sein.
Mais, der nach dem 20. Juli noch Regen abbekommen hat, der haben noch Narbenfäden gezogen. Allerdings fehlt es oftmals an fertilen Pollen, ohne die eine Befruchtung nicht möglich ist. Narbenfäden, die nicht befruchtet wurden, bleiben länger frisch. Sie unterscheiden sich von den befruchteten Fäden in der Farbe. Sie sind immer noch hellgrün.
Momentan bilden sich teilweise neue Narbenfäden. Das geschieht, wenn die Körner im unteren Kolbenabschnitt vor Wochen schon befruchtet waren.
Achtung: unbefruchtete Narbenfäden können eine Eintrittspforte für Maisbeulenbrand sein.
Oft ist der Mais im Streckungswachstum hängengeblieben. Stärker betroffen sind anscheinend Maisbestände nach einer Futtervornutzung.
Mais, der sein Wachstum deutlich vor der Blüte eingestellt hat, kann bei ausreichender Wasserversorgung noch weiterwachsen. Vielleicht sogar noch blühen und Kolben ansetzen. Voraussetzung ist hier, dass die Blätter nicht komplett vertrocknet sind. Wo bereits Fahnen geschoben wurden, ist abzuwarten, ob sich Körner ausreichend ausbilden.
Bestände, denen aufgrund der Standortbedingungen oder eingeschränkten Wurzelwachstums kein Bodenwasser mehr zur Verfügung steht, reduzierten außerdem deutlich im Blattapparat. So sind mancherorts unterhalb des Kolbenansatzes keine grünen Blätter mehr zu finden. Die restlichen Blätter verfärben sich blassgrün.
Noch ist es möglich, dass sich die Kolben genügend bestocken, aber für diese Woche sind schon wieder Temperaturen über 30 Grad Celsius angesagt und kein Regen.
Droht uns eine lückenhafte Futterversorgung?
Das Grünland liefert dieser Tage schon lange nicht mehr und das Etablieren von Zwischenfrüchten wird bei dieser Trockenheit immer fragwürdiger. So zeichnen sich immer mehr regionale Lücken in der Futterversorgung ab.
Die Futterqualität der Maissilage mit geringerem Energie-, aber hohem Rohfasergehalt wird bei Betrieben mit geringer Grasernte gut in die Ration passen. Das Energiedefizit lässt sich zum Teil mit Kraftfutter ausgleichen und der Mais ist die bessere Alternative zu übermäßigen Strohmengen in der Ration.
Die Preisgestaltung dürfte dabei zwar maßgeblich durch die hohe Nachfrage geprägt werden, anderseits sind auch viele Bestände zu finden, die mit niedrigeren Kolbenanteilen weniger gut für den Drusch geeignet sind. Es liegt daher auch im Interesse vieler Körnermaisanbauer ihren Mais als Silomais zu verkaufen.
Kolbenlosen Mais frühzeitig ernten? Oder doch nicht?
Normalerweise ist die perfekte Silomaisreife erreicht, wenn das Korn 58 bis 60 Prozent Stärke eingelagert hat. Als Indiz zur Reife kann man eine dunkle Schicht an der Kornbasis erkennen.
Die Frage der vorzeitigen Ernte kann jedoch nur betriebsindividuell geklärt werden. In der Regel ist es sinnvoller, den trockenen Mais an Ort und Stelle zu lassen und ihn mit einer besseren Fläche gemeinsam zu silieren.
Ein stichprobenmäßiger Gang übers ganze Feld liefert wichtige Informationen. Wenn der Mais noch grün, mit Fahne, aber ohne Kolben, dann hat er derzeit einen Trockenmassegehalt (TS) von 18 % bis 20 % und einen Zuckergehalt von 18 % bis 23 %. Wenn es in absehbarer Zeit nicht viel regnen wird, ist keine weitere Ertragssteigerung zu erwarten und der Bestand sollte geerntet werden.
Bei sofortiger Ernte ist aber mit sehr hohen Silage- und Sickersaftverlusten durch geringen Trockensubstanzgehalt zu rechnen.
Auch hier ist es wichtig, den Zustand der restlichen Anlage zu prüfen. In solchen Beständen ist die Silierzeit entscheidend. Schneiden Sie dazu den Stiel der Maispflanze in zwei Hälften und fahren Sie mit dem Daumen über das Mark.
Sammelt sich die Flüssigkeit noch am Daumennagel, kann sich die Pflanze noch regenerieren. Wenn das Innere strohig und trocken ist, sollte es sofort geerntet werden.
Auf keinen Fall sollte mit der Ernte vorzeitig begonnen werden, da auf weniger betroffenen Teilschläge noch Ertragssteigerungen zu erwarten sind, solange Wasser vorhanden ist und die Pflanzen zumindest teilweise mit Kolben versehen sind.
Hier bestimmt die Silagekapazität den Erntetermin. Die Ernte sollte bereits bei 28 % bis 30 % Trockenmasse beginnen.
Die Reife des Maisbestands sollte nun gründlich geprüft werden. Untersuchungen zur aktuellen Abreife zeigen, dass deutliche Unterschiede zwischen den Regionen sowie zwischen und innerhalb der Bestände zu erwarten sind.
Wenn sich die bisherige Restpflanzenreife ohne Niederschlag fortsetzt und/oder sogar beschleunigt, muss der betroffene Bestand gegebenenfalls vor Erreichen der optimalen Silomaisreife doch gehäckselt werden.
Der TS-Gehalt ist weiterhin zu beobachten. Denn eine unterschiedliche Abreife auf derselben Schlagebene, kann hohe Anforderungen an das Silagemanagement stellen.
Silieren von überwiegend kolbenlosem Maisbestand
Für optimales Silieren sollte der Trockenheitsgrad der Pflanze mit einer Wringprobe im unteren Drittel festgestellt werden. Solange der Saft noch sichtbar aus der Maispflanze austritt, ist in der Regel noch genügend Feuchtigkeit vorhanden, um eine ausreichende Verdichtung zu gewährleisten.
Allerdings sollte sich der Erntetermin an der Gesamtzahl der zu erntenden Flächen orientieren. Um das Ertrags- und Qualitätspotenzial von Silomais ausschöpfen zu können, stehen die Bestände im Vordergrund, die maximalen Ertrag garantieren.
Bestände mit einem höheren Anteil an trockenen Restpflanzen sollten zuerst gehäckselt werden, um sie in den unteren Mietenbereichen besser verdichten zu können.
Kolbenlosen Mais silieren – aus den Vorjahren lernen
2018 wurde der Silomais im Schnitt circa drei bis vier Wochen früher geerntet als zuvor. Dabei bestimmte man den Erntezeitpunkt nicht anhand der Reifezahl, sondern an der Wasserverfügbarkeit eines Standortes.
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die TS-Gehalte von 38 bis 45 Prozent zu hoch waren, bei deutlich geringeren Erträgen. Zum einen lag es daran, dass Ernteentscheidungen zu lange hinausgezögert wurden. Zum anderen erfolgte eine Abreife zu schnell, sodass ein Verdichten beim Silieren unzureichend möglich war.
Zudem wurden die Ernten bei Lufttemperaturen deutlich über 30 Grad eingefahren. Das dann warm einsilierte Substrat musste dann mithilfe eines Siliermittels verdichtet werden. Erwärmtes Erntegut zeigt einfach ein anderes Gärmuster auf. Denn der Gehalt an Milchsäurebakterien ist somit geringer und weist einen hohen Essigsäure- und Ethanolgehalt auf.
Der Einsatz von Siliermitteln scheint unabdingbar, wenn Milchsäurebakterien vorhanden sind, die zwischen 1.900 und 130.000 KBE/g FM liegen.
Kommen zum Abfall der Milchsäurebakterien noch unzureichende Verdichtung und eine verzögerte Abdeckung hinzu, dann erhöht sich das Risiko einer Nacherwärmung erheblich. Ein Temperaturanstieg über 42 °C kann die Milchsäurebakterien stark schädigen, Fehlgärungen verursachen und die aerobe Stabilität des Silos beeinträchtigen.
Wenn das Substrat allerdings gut verdichtet ist – auch bei warmen Erntetemperaturen – und das Silo schnell zugedeckt ist, so fermentieren Kohlenhydrate zu Milch- und Essigsäure und der pH-Wert sinkt unter 4,2 ab. Das stabilisiert die Silage und bakterielle Schadkeime werden gestoppt.
Sollte man vor Silomaisreife silieren?
Allerdings kann die Silierbarkeit durch vorzeitiges Abreifen der Pflanze begrenzt sein, wenn das Häckselgut aufgrund eines hohen Anteils an trockenen Blättern, Stängeln und Lieschen nicht mehr ausreichend verdichtet werden kann. T-Gehalte von 20 % bis 22 % werden normalerweise in noch grünen Blättern und Stängeln gemessen.
Bei reifen Körnern ergibt sich daraus je nach Maiskolbenanteil ein Gesamttrockenmassegehalt von 32 % bis 36 %. Im Gegensatz zu Korn und Kolben variiert der T-Gehalt von Blättern und Stängeln jedoch mit den äußeren Bedingungen. Ohne Niederschlag kann auch der T-Gehalt grüner Blätter signifikant ansteigen.
Wenn die Blätter nicht absterben, werden sie nach erneutem Regen wieder aktiv Wasser aufnehmen, was zu einem Absinken des T-Spiegels führen könnte. Andererseits können abgestorbene Blätter weniger Wasser binden, sodass das Verdichten trockener Pflanzen zu dauerhaften Problemen führen kann.
Bestände, die bereits jetzt hohe Anteile abgestorbener Blätter und Stängel aufweisen, sollten daher genau beobachtet werden. Unter Umständen muss hier vor dem Erreichen der optimalen Silomaisreife gehäckselt werden.
Steckbrief
Silieren von trockengeschädigtem Mais
- Warmes Substrat sollte mindestens 8 Wochen, besser 10 Wochen lang siliert werden.
- Die Gärzeit im Silo kann mit pH-Papier überprüft werden.
- Kontrollieren Sie die Abdeckung. Beschädigter Folie sofort verschließen,
- Der Anschnitt muss glatt sein, möglichst nicht in Wind- oder Wetterrichtung.
- Der Vorschub sollte mindestens 1,5 m pro Woche im Winter und 2,5 m im Sommer betragen.
- Wärmebildkameras oder Temperaturmessungen in Silobeständen geben Aufschluss über die Nacherwärmung.
- Silageanalysen durchführen, um Futterrationen nach Zusammensetzung und Energiegehalt besser kombinieren zu können, sowie unerwünschte Inhaltsstoffe identifizieren und Höchstgrenzen einzuhalten.
- Niedrigere Energieniveaus müssen möglicherweise höheren Kraftfuttereinsatz kompensiert werden.
- Achten Sie bei der Analyse des Futters auch auf fehlerhafte Gärungen und schlechte aerobe Prozesse: Achten Sie darauf, Geruch, Farbe und Konsistenz der Silage, wenn sie Futter entnehmen.
Welchen Einfluss hat kolbenloser Mais auf die Futterwerte?
Silagen aus dürregeschädigtem und kolbenlosem Mais sind aufgrund ihres Futterwertes anders zu betrachten.
Unter Normbedingungen wandelt sich in der Maispflanze Zucker automatisch in Stärke um und diese wird im Kolben eingelagert.
Sind aber Kolben kaum oder gar nicht ausgebildet, so funktioniert diese Umwandlung nur eingeschränkt.
Dies hat Folgen für die Maissilage: Beim kolbenlosen Mais ist der Stärkegehalt niedrig, der Zuckergehalt hoch. Das birgt zum einen ein Risiko zur Nacherwärmung.
Zum anderen führt es zu kleineren Energiedichten zwischen 5,1 und 6,5 MJ/kg TS. Die Futterqualität ist vermindert, der strukturgebende Rohfasergehalt deutlich stärker vertreten. Das kann also auch die Schmackhaftigkeit negativ beeinflussen.
Dieses Jahr könnte der Stärkegehalt wie 2018 zischen 0 und 30 Prozent in der Trockenmasse schwanken. Und der Energiegehalt um 0,5 MJ NEL geringer ausfallen. Ein hoher Zuckergehalt kann in der Silage noch in einen Großteil Milchsäure umgewandelt werden.